Der Zwischenstaatliche Ausschuss der
UNESCO zum Immateriellen Kulturerbe hat am
30. November in Addis Abeba die Idee und Praxis der
Genossenschaft als ersten deutschen Beitrag in die Repräsentative
Liste des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen.
Die Genossenschaft ist eine allen offen stehende Form der gesellschaftlichen Selbstorganisation, ein Modell der kooperativen Selbsthilfe und Selbstverantwortung.
Die Genossenschaft ist eine allen offen stehende Form der gesellschaftlichen Selbstorganisation, ein Modell der kooperativen Selbsthilfe und Selbstverantwortung.
Weltweit wirken etwa 800 Millionen
Genossenschaftsmitglieder in über 100 Ländern an ihrer Umsetzung
und der Weitergabe des Wissens rund um diese Organisationsform mit,
21 Millionen davon in Deutschland. Die hohe Anzahl von
Genossenschaftsmitgliedern in Deutschland und die rechtliche
Absicherung ihrer Grundsätze durch ein Genossenschaftsgesetz sind
im internationalen Vergleich Besonderheiten.
Prof. Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin im
Auswärtigen Amt: „Genossenschaften gibt es auf der ganzen Welt.
Ihre Arbeit ist eine Antwort auf aktuelle gesellschaftliche
Herausforderungen. Sie leisten einen Beitrag zur nachhaltigen
Entwicklung beispielsweise durch Armutsreduzierung über lokale
Beschäftigung und soziale Integration. Ich freue mich sehr, dass
diese erste deutsche Nominierung das Völkerverbindende in den
Vordergrund stellt. Die Kulturform der Genossenschaften verbindet
uns mit Menschen auf der ganzen Welt!“
Kulturstaatsministerin Prof. Monika Grütters:
„Die Genossenschaftsidee und -praxis ist durch ihre weite
Verbreitung für uns in Deutschland eine gesellschaftsprägende
Kulturform. Jeder vierte Deutsche ist Mitglied einer Genossenschaft.
In der Kultur- und Kreativszene erleben Genossenschaften in den
letzten Jahren einen wahren Gründungsboom: von Kinos und
Filmverleihen über Theater, Orchester, künstlerische Proberäume,
Ateliers und Soziokulturelle Zentren bis hin zu Netzwerken der
Kultur- und Kreativwirtschaft. In Genossenschaften begegnen sich die
Menschen als Miteigentümer am gemeinsamen Projekt auf Augenhöhe.
Das fordert und fördert Engagement, Gestaltungswillen und
Solidarität.“
Claudia Bogedan, Präsidentin der
Kultusministerkonferenz und Bremens Senatorin für Kinder und
Bildung: „Die Anerkennung der Genossenschaften als Immaterielles
Kulturerbe belegt den Beitrag Immateriellen Kulturerbes zu sozialem
Zusammenhalt. In Genossenschaften kommt bürgerschaftliches
Engagement jenseits von privaten und staatlichen Wirtschaftsformen
zum Ausdruck. Die Genossenschaftsfamilie verstand sich von jeher als
eine an sozialen Werten orientierte Bewegung, die auf ideellen
Grundsätzen wie Solidarität, Ehrlichkeit, Verantwortung,
Demokratie aufbauend eine alternative Wirtschaftsform bildet.“
Prof. Dr. Christoph Wulf, Vizepräsident der
Deutschen UNESCO-Kommission: „Die Genossenschaftsidee und
-praxis ist in Deutschland eine lebendige Tradition, die
von Generation zu Generation weitergegeben wird.
Genossenschaften bringen Menschen mit gemeinsamen Interessen ohne
Gewinnerzielungsabsicht zur Erreichung gemeinsamer Ziele zusammen.
Das hat eine enorme kulturelle Bedeutung, die nun auch auf
internationaler Ebene anerkannt wurde. Ich freue mich, dass die
Aufnahme der Genossenschaftsidee und -praxis in die UNESCO-Liste des
Immateriellen Kulturerbes das Verständnis des gelebten kulturellen
Erbes erweitern wird.“
Genossenschaften in Deutschland
Eine Genossenschaft ist eine freiwillige
Vereinigung von Menschen mit gleichen Interessen, die individuelles
Engagement und Selbstbewusstsein fördert und soziale, kulturelle und
ökonomische Partizipation ermöglicht. Mitglieder werden durch den
Erwerb von Genossenschaftsanteilen zu Miteigentümern. Ihre von der
Zahl der erworbenen Anteile unabhängige Stimme sichert ihnen
Mitbestimmung und die Möglichkeit der aktiven Mitgestaltung zu. Dies
ist ein besonderer Ausdruck von Solidarität und gemeinsamer
Verantwortung. Hermann Schulze-Delitzsch und Friedrich Wilhelm
Raiffeisen legten Mitte des 19. Jahrhunderts in Deutschland wichtige
Grundlagen für die heutige Genossenschaftspraxis.
Hintergrundinformationen zum Immateriellen Kulturerbe
Der Zwischenstaatliche Ausschuss zum Immateriellen
Kulturerbe setzt sich aus 24 gewählten Vertragsstaaten der
Konvention zum Immateriellen Kulturerbe zusammen. Er entscheidet
jährlich über die Aufnahme neuer Kulturformen in die Listen des
Immateriellen Kulturerbes. Bisher sind 336 Formen des Immateriellen
Kulturerbes auf der internationalen Repräsentativen Liste
eingetragen, 43 Elemente auf der Liste des dringend
erhaltungsbedürftigen Immateriellen Kulturerbes und zwölf gute
Praxisbeispiele zur Erhaltung Immateriellen Kulturerbes. Kriterien
für die Anerkennung sind unter anderem eine nachweisbare
Lebendigkeit und eine identitätsstiftende Komponente für die
Trägergemeinschaft der Kulturform, die Entwicklung von
Erhaltungsmaßnahmen, eine weitreichende Beteiligung der
Trägergemeinschaft und die Eintragung in ein nationales Verzeichnis
des Immateriellen Kulturerbes. Mit der Einschreibung verpflichten
sich die Vertragsstaaten, das Immaterielle Kulturerbe auf ihrem
jeweiligen Staatsgebiet zu fördern.
Zum Immateriellen Kulturerbe zählen lebendige
Traditionen aus den Bereichen Tanz, Theater, Musik, mündliche
Überlieferungen, Naturwissen und Handwerkstechniken. Seit 2003
unterstützt die UNESCO den Schutz, die Dokumentation und den Erhalt
dieser Kulturformen. Bis heute sind 171 Staaten dem
UNESCO-Übereinkommen zur Erhaltung des Immateriellen Kulturerbes
beigetreten. Deutschland ist seit 2013 Vertragsstaat.
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