Montag, 19. April 2010

"Der Weltargrarbericht ist jetzt in der Welt" - über den Vortrag von Albert Fink

In seinem Vortrag am Sonntag zog Albert Fink den Bogen von den ersten Aktivitäten der GLS Treuhand in den 60er und 70er Jahren über den Weltagrarbericht bis hin zu zukunftsweisenden Modellen wie beispielsweise unsere CSA. Im Mittelpunkt des Vortrages stand der Gedanke einer dem Gemeinnutz verpflichteten multifunktionalen Landwirtschaft.

Am Beispiel des Buschberghofes zeigte Albert Fink auf, mit welchem Gegenwind vor einigen Jahren noch die biologisch-dynamische Landwirtschaft zu kämpfen hatte. Als die Eigentümer des Buschberghofs diesen seinerzeit in die Gemeinnützigkeit überführen wollten, lehnte dies die Landwirtschaftskammer mit der Begründung ab, das so das Land zweckentfremdet würde, der ökologische Landbau den Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur widerspreche und sich durch die extensive Nutzung nicht einmal die Bewohner des Hofes ernähren könnten.
In einem spektakulären Gerichtsverfahren kämpfte Anwalt Wilhelm Ernst Barkhoff - wie Fink Gründungsvater der GLS-Bank - die Gemeinnützigkeit durch. Zum Schluss wurde per Gerichtsentscheid die Sinnhaftigkeit der rein industriell ausgerichteten Landwirtschaft in Frage gestellt und anerkannt, dass die biologisch-dynamische Landwirtschaft eine "Rückbesinnung auf die ursprüngliche moralische Substanz des bäuerlichen Tuns" sei. Inzwischen leben und arbeiten auf dem Buschberghof 40 Menschen darunter auch zu Betreuende, Menschen mit Behinderungen und Sozialarbeiter und produzieren Lebensmittel für eine Community mit 350 Mitgliedern. 2009 ging der Förderpreis Ökologischer Landbau des Bundeslandwirtschafts­ministeriums an den Buschberghof. Ein spannender Exkurs in die Geschichte der biologisch-dynamischen Landwirtschaft in Deutschland mit Happy End - an dieser Stelle.

Schnitt - eine andere Geschichte:

Im Jahr 2003 beauftragte die Weltbank und die Unesco den Weltagrarrat eine Studie über die Zukunft der Landwirtschaft zu erstellen. Der Weltargrarrat wurde erst ein Jahr zuvor gegründert und wird von der Weltbank, der UNO, Regierungen und Nichtregierungs­organisationen, aber auch von den bekannten Vertretern der Agrarindustrie (Monsanto war auch dabei) unterstützt und finanziert. Im April 2008 war es dann soweit. 500 remomierte Wissenschaftler aus der ganzen Welt hatten sich fünf Jahre lang Gedanken gemacht, wie denn endlich Hunger und Elend dieser Welt beseitigt werden kann. Sie kamen zu einem für viele Mitglieder des Weltagrarrates niederschmetternden Ergebnis (weswegen im Laufe der Forschungs­arbeiten schon die Vertreter von Monsanto, Syngenta und BASF den Rückzug angetreten hatten).

Im Folgenden zitiere ich der Einfachheit mal Wikipedia:
  • Um den Herausforderungen der Zukunft gewachsen zu sein, bedarf es eines radikalen und systematischen Wandels in der landwirtschaftlichen Forschung, Entwicklung und Praxis.
  • Der entscheidende Faktor zur Bekämpfung des Hungers ist nicht die Steigerung der Produktivität um jeden Preis, sondern die Verfügbarkeit von Lebensmitteln und ihrer Produktionsmittel vor Ort.
  • Die besten Garanten für die lokale Ernährungssicherheit sowie die nationale und regionale Ernährungssouveränität sind kleinbäuerliche Strukturen. Ihre Multifunktionalität mit ihren ökologischen und sozialen Leistungen müssen anerkannt und gezielt gefördert werden.
  • Die Umwandlung von Anbauflächen für Lebensmittel in Treibstoffflächen ist nicht vertretbar. Es sind effizientere, integrierte und dezentrale Formen der Bio-Energiegewinnung zu fördern.
  • Die Gentechnik bringt bisher mehr Probleme als Lösungen und lenkt das Forschungsinteresse einseitig auf patentierbare Produkte.
  • Die Freiheit der Forschung und die Verbreitung von Wissen wird durch geistige Eigentumsrechte und -ansprüche (z.B. auf Saatgut) maßgeblich negativ beeinflusst.
  • Die öffentliche Forschung und Entwicklung muss praxisnäher werden, die Fragen der Landwirte beantworten und diese an den Entwicklungen beteiligen.
  • Um die Klimagasemissionen pro Kalorie zu reduzieren, bedarf es technologischer Revolutionen und drastischer Einschnitte.

Weiterhin wurde das Konzept der multifunktionellen Landwirtschaft als wegweisend aufgenommen. Ich zitiere wieder Wikipedia:
Die multifunktionale Landwirtschaft soll, neben der Aufgabe, die Bevölkerung mit hochwertigen Produkten zu ernähren, die biologische Vielfalt erhalten und die natürlichen Ressourcen erhalten. Sie muss umwelt- und sozialverträglich sein, zur Verbesserung der Umwelt und des Klimas beitragen und akzeptabel wirtschaften. Die angepasste Nutzung und Pflege der Kulturlandschaft soll das Leben der Bauern und der Gemeinschaften auf dem Lande und in den Berggebieten ermöglichen und auch der Erholung der Menschen dienen.

Interessant - und von Albert Fink auch entsprechend herausgestellt - sind hier die Parallelen zwischen der gemeinnützigen und multifunktionalen Landwirtschaft auf dem Buschberghof (und bei uns auf Entrup) und dem Ergebnis des Weltagrarberichtes aus dem Jahr 2008.

Und was ist seitdem aus dem Weltagrarbericht geworden? Man windet sich, schweigt und versucht das Ergebnis auszusitzen. Es passt einfach nicht. Doch jetzt ist der Weltargrarbericht in der Welt und kein verantwortungsbewusster Politiker und Vertreter der Landwirte kann mehr sagen, er hätte es nicht wissen können. Wir sind aufgerufen immer wieder und überall auf den Bericht hinzuweisen. Und weiterzumachen mit CSA, denn das ist die praktische Umsetzung dessen, was gefordert wird.

Eine 42-seitige Zusammenfassung der Ergebnisse des Weltagrarberichtes gibt es als Broschüre zum Download oder zum Bestellen für 3,10 € bei der AbL Bauernblatt Verlags-GmbH.

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