Mittwoch, 16. Februar 2011

Von der Kunst des Zuhörens und anderen bäuerlichen Fähigkeiten

Die alljährliche Landwirtschaftstagung in Dornach war der Grund, warum Kenneth und Susanna vom 2. bis zum 5. Februar in der Schweiz weilten. "Von Brennpunkten zu Leuchtpunkten", so lautete das Tagungsmotto. Deutlich beeindruckt erzählten Kenneth und Susanna am Küchentisch von diesem sehr besonderen Treffen, bei der eine andere Art des Zuhörens, der Wahrnehmung und der Empathie geübt und gelebt wurde. Wenige der sonst üblichen Vorträge, statt dessen eine von Claus-Otto Scharmer (entwickelt(e) die U-Theorie) und Nicanor Perlas organisierte Zusammenkunft in so genannten Zukunftslaboren. Das hieß: Je 300 Landwirte und Interessierte versammelten sich zunächst in 2 großen Räumen und diskutierten in Fünfer-Gruppen an einzelnen Tischen. Thematisiert wurden Fragen unter dem Meta-Thema: Was ist gerade im Begriff abzusterben und was will geboren werden? Nach einer Zeit verließen jeweils vier Menschen den Tisch, gingen zum nächsten. Der Verbleibende berichtete dann den vier Neuankömmlingen von der soeben zu Ende gegangenen Diskussionsrunde und in diesem Tenor, daran anknüpfend und ergänzend, beginnt die nächste Diskussionsrunde. "Das Verrückte war, dass mit der Zeit eine Art kollektives Bewusstsein entstand" - so beschreibt Kenneth die Wirkung dieser Arbeitsstruktur. Viele Fragen und Prozesse, sowohl privater Natur als auch die jeweiligen Höfe betreffend, ähnelten sich bei den Teilnehmern. Und man traf auf diese Art mit den meisten der 300 Teilnehmer zusammen.
Nach diesem intensiven Gedankenaustausch wurde am folgenden Tag mit Hilfe einer Aufstellung die momentane Situation der biodynamischen Landwirtschaft beleuchtet. In diesem Fall handelte es sich um eine ressourcenorientierte Organisationsaufstellung, die die einzelnen Aspekte und Protagonisten dieses landwirtschaftlichen Bereichs in Beziehung zueinander stellte. Also standen da jeweils ein Stellvertreter für die Landwirte, die Tiere, den Handel, die Konsumenten, die Verarbeiter, die Auszubildenden etc. Von der Ausgangssituation zur Wahrnehmung, wohin sich das alles entwickelt und wo der jeweils gemäße Platz innerhalb dieses komplexen Systems ist - darum ging es und brachte Erkenntnis bei den Teilnehmern. Dies wird zurückwirken auf die Höfe und eben auch auf unseren Hof, da bin ich sicher. Dass einige der Fragen, die auf anderen Höfen noch im Raum stehen, in Entrup schon beantwortet sind, das erzählten die beiden auch. So zum Beispiel die Beziehung zwischen Landwirt und Verbraucher und die Schwierigkeiten, die sich aus der großen Trennung dieser beiden Gruppen ergeben. Da bietet natürlich das CSA-Projekt einen sehr lösenden Ansatz, der vor allen Dingen den unverbundenen, bewusst-losen Konsum sehr erschwert und bei mir zumindest in vielen Bereichen zu einer echten Bewusstseinserweiterung geführt hat.

Die Zukunft gegenwärtig sein zu lassen, so heißt es im Tagungsbericht der Sektion für Landwirtschaft. Für mich hatte auch dieser Nachmittag in der Küche von Entrup so eine Wirkung, als nämlich die Gespräche um künftige Projekte und Veränderungen kreisten. Indem wir das in einer verbundenen, einander zugewandten Tischrunde taten, wurde die Gegenwart zum wirksamen Beginn der Zukunft. Es geht bei Zukunft eben nicht um das gedankliche Abhaken von in der Gegenwart noch nicht erledigter Aufgaben und Pflichten. Der geneigte Leser merkt vielleicht, dass die Autorin schwer beeindruckt ist von den Erzählungen und Gedanken von Kenneth und Susanna, das ist doch echtes Wachstum für den Hof!

1 Kommentar:

  1. Vielen Dank für den Bericht aus Dornach,
    diese Jahr konnte ich nicht dabeisein, und nun habe ich doch vieles mitbekommen.

    Dieser Blog hat immens wichtige Inhalte, ich war auf der Suche nach einem Kommentar von Ibrahim Abouleish zur ägyptischen Krise, und habe ihn hier gefunden.
    Danke noch einmal
    Marianne van Putten

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