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JAHRE BIOLOGISCH-DYNAMISCHE BEWEGUNG
Von Michael Olbrich-Majer,
Demeter e.V.
Abnehmende
Fruchtbarkeit, schlechtere Lebensmittel – die anthroposophischen
Landwirte, die 1924 Rudolf Steiner um eine Vortragsreihe im
schlesischen Schloss Koberwitz gebeten hatten, wollten Anregungen für
eine bessere Landwirtschaft. Noch während
des
Kurses gründeten sie einen Versuchsring – Vorläufer aller
heutigen Demeter-Organisationen.
Steiners
Ideen zur Landwirtschaft wurden rasch an verschiedenen Orten in
Mitteleuropa, aber auch in Übersee praktiziert und beforscht. Seit
1927 verwenden die Pioniere den Begriff „biologisch-dynamisch“
für die Methode und ab 1928 kennzeichnet die Demeter-Marke das so
Erzeugte. 1941 wurden die biologisch-dynamischen Organisationen vom
NS-Regime verboten.
Nach
dem Krieg bauten in Deutschland ein paar Dutzend Betriebe und
Aktivisten die biodynamische Arbeit wieder auf. 1957 waren es bereits
knapp 100 anerkannte Demeter-Betriebe. Um den noch jungen und
umstrittenen Ökolandbau zu erforschen, gründeten Schweizer
Demeter-Bauern mit anderen 1978 ein Forschungsinstitut, das FiBL, an
dem u. a. ein Langzeitversuch zeigen soll, was Bio kann: Im Vergleich
zwischen dynamisch, organisch und konventionell erweist sich
biodynamisch als das Beste für den Boden (u. a. publiziert in
Science 296, 1694–1697: Mäder, P. et al. [2002]: Soil fertility
and biodiversity in organic farming). Auch an weiteren biodynamischen
Institutionen wird wissenschaftlich gearbeitet, teils zusammen mit
Universitäten.
Bio
heißt Bildung – in den Siebzigerjahren werden in Deutschland zwei
biodynamische Landbauschulen gegründet, 1983 folgt eine
eigenständige regionale Ausbildung für Lehrlinge auf Demeter-Höfen,
auch in anderen Ländern entstehen biodynamische Ausbildungsstätten.
In Indien und Ägypten stärkt die biodynamische Methode auch
Kleinbauern. Die Demeter-Bewegung, von Anfang an international
aufgestellt, gründet 1997 einen internationalen Dachverband mit 19
Landesorganisationen.
Bio
braucht neben Forschung, Ausbildung und dem Entwickeln guter
Lebensmittel auch eine eigene Züchtung, denn Pflanzensorten und
Tierrassen sollen zur unkonventionellen Wirtschaftsweise passen.
Züchter und Gärtner sind da bereits aktiv, 2010 unterstützt der
Demeter-Verband die biodynamischen Pflanzenzüchter mit einer eigenen
Richtlinie. Um die Öko-Tierzucht auf den Weg zu bringen, gründet
Demeter mit Bioland die ökologische Tierzucht gGmbH, die neben der
Zucht eines Zweinutzungshuhns auch die ökologische Rinderzucht
verfolgt.
2024
arbeiten weltweit – von Peru bis Japan, von Norwegen bis Australien
– in 57 Ländern ca. 6.500 landwirtschaftliche Betriebe auf
zusammen über 200.000 Hektar, dazu kommen etwa 2.500
Demeter-Mitglieder aus Verarbeitung und Handel.